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Stürmischer Tag in den Schweizer Alpen

Äscher Wildkirchli im Alpsteinmassiv/Appenzell

Am vergangenen Wochenende war ich zur Hochzeit meiner schweizer Freunde Marijo und Monika eingeladen. Während der Samstag ganz im Zeichen der Hochzeit stehen sollte, wollte ich den Freitag nutzen um ein paar weitere Landschaftsfotos aus den Bergen zu machen.

Da ich im letzten Jahr zum Kantonalschützenfest in Gais/Appenzell war und mir die Appenzeller Landschaft so gut gefiel, ich während des Schützenfestes aber keine Zeit hatte um mit meiner Kamera zu schiessen, nutze ich den jetzigen Schweizbesuch um ohne Gewehr, dafür mit Kamera wieder in den Kanton Appenzell, hoch über dem Bodensee, zu fahren, um endlich meine langersehnten Landschaftsaufnahmen aus dieser Region zu bekommen.

Als Motiv sollte das berühmte Gasthaus Äscher-Wildkirchli im Alpsteinmassiv unterhalb des Appenzeller Hausberges Säntis herhalten.

Nach dem Aufstehen zeigte ein Blick aus dem Fenster eine gemischte Wetterlage mit blau, grau, Wolken und etwas Sonne. Allerdings war ich in meiner alten Heimat Ilanz im Bündner Oberland und das Appenzell war noch gut eine Stunde Autofahrt entfernt und das Wetter dort konnte ganz anders sein- positiv aber auch negativ.

Und was soll ich euch sagen, die einstündigen Fahrt nach Norden durch das St. Galler Rheintal verhieß nichts Gutes. Das Wetter verschlechterte sich rapide. Es regnete aus allen Löchern und stürmte ohne Ende.

An der Talstation zur Ebenalp in Wasserauen/Appenzell angekommen, hatte ich keine Hoffnung mehr, das erhoffte Motiv auf meinen Kamerasensor zu bekommen. Es war mit Abstand das schlechteste Wetter, was man sich als Landschaftsfotograf denken konnte. Stürmische Orkanböhen und Dauerregen, dazu kam dann noch eine ordentliche Prise Nebel.

Ich war stark am Zweifeln, ob bei diesem Wetter die Seilbahn überhaupt fahren würde, auf den grossen Parkplätzen standen kaum Autos und Menschen hat man auch keine gesehen. So wartete ich im Auto erst einmal ab und nach einiger Zeit kam dann auch die Seilbahn von oben aus dem Nebel angefahren. Somit war das schon mal geklärt. Nun wartete ich ab, ob das Wetter ein wenig aufklaren würde. Der Wind war sehr stark, somit die Hoffnung noch da, das so schnell, wie der Nebel sich zuzog, auch wieder aufklaren würde.

Doch auch nach über zwei Stunden des Wartens wurde es nicht merklich besser und ein Blick auf das Handy, mit den Wetterberichten und Webcams der Ebenalp versprachen auch nichts Gutes.

Meine Lust war nun endlich ganz unten im Keller angekommen, sollte es dieses Mal wirklich das erste Mal sein, bei dem ich an einer geplanten Fototour keine Fotos schiessen konnte??

NEIN, nun war ich über 650km in die Schweiz gefahren, dann nochmal innerhalb der Schweiz 100km um ins Appenzell zu kommen, ich fahre nicht ohne ein Foto nach Hause, sagte ich mir.

Somit meine Ausrüstung gepackt und an der Talstation ein Ticket gekauft. Nach kurzer Wartezeit gings dann hoch auf ca. 1400m und der Nebel, Regen, und Wind wurde noch stärker, als im Tal. Oben angekommen stieg ich aus der Gondel, ging um das Seilbahnhaus und da erwischte mich dann gleich eine Orkanböhe und peitschte mir von der Seite die Regenmassen über mich, es war, als ob mir jemand einen Eimer Wasser übergiessen würde, meine Outdoor Klamotten hielten dem nicht stand und somit war ich bereits nach 2 Minuten nass.

Trotzdem, jetzt bin ich oben, jetzt geht es auch weiter... ich begann den ca. 15 minütigen Abstieg zur Bärenhöhle und dem dahinter liegenden Wildkirchli. Dort endlich angekommen war ich vor dem Wetter geschützt und machte meine ersten Aufnahmen.

Die Höhlenkapelle wurde 1621 vom Kapuzinerpater Philipp Tanner gegründet. 1658 wurde das Eremitenhäuschen von Pfarrer Paulus Ulmann errichtet, wo bis 1853 Einsiedler hausten, zu den Betzeiten die Glocken läuteten und die Berggänger mit Fackeln durch die Höhlen führten.

Nach der Höhle ging es an der steilen Felswand weiter zum berühmten Gasthaus Äscher Wildkirchli. Eigentlich hat man hier auf dem Steg an der Felswand einen grandiosen Blick über das Tal und das Alpsteinmassiv, doch heute gab es nur eine Aussicht: Nichts, einfach nur grau und weiss.

Total durchnässt und sehr enttäuscht über das Wetter beschloss ich erst einmal im berühmten Gasthaus and der Felswand einzukehren und mich etwas aufzuwärmen und zu essen.

Ich war bei diesem Wetter der einzigste Gast und die Wirtsfamilie Knechtle hiess mich sehr herzlich willkommen.

Es war sehr gemütlich drinnen, so wie ich es aus einer schweizer Berghütte kenne, warm, urig und rustikal. Die Familie spielte mit den Kindern Karten und Grossvater Knechtle wartete in der Küche bereits auf meine Bestellung. Zurzeit ist ja weit und breit Schlachtbüffetzeit, so auch in der Schweiz, dort nennt man es aber "Metzgete" und Familie Knechtle ist sehr bekannt für ihr traditionelles Metzgete hoch oben in der Wand.

Also beschloss ich mir ein grosses Wädli (Eisbein) mit Rösti und Sauerkraut zu genehmigen. Grossvater Knechtle legte sogleich los und nur einen kleinen Augenblick später konnte ich sein vaterländisch gutes Essen geniessen.

Nach dem sehr guten Essen und einem kleinen Plausch mit der Familie, zeigte der Blick aus dem Fenster nur eines: Grau in Grau...

Trotzdem war es für mich wieder Zeit, den Heimweg anzugehen. Nach insgesamt über 4 Stunden des Wartens, erst unten im Tal, dann oben im Gasthaus, hatte mich das Wetter bezwungen, ich gab auf und wollte wieder heim.

Auf dem Weg zurück, wieder direkt an der steilen Felswand entlang, traute ich meinen Augen kaum, ich sah auf in Richtung Norden ins flache Appenzellerland auf einmal eine andere Farbe als grau, nämlich ein leichtes Grün. Der Regen hatte aufgehört und die starken Winde wirbelten den Nebel aus dem Tal langsam aber stetig heraus.

Leider verflog der Nebel auf der falschen Seite, nämlich im Norden, mein Motiv, das Gasthaus Äscher Wildkirchli lag aber Richtung Süden, ich drehte mich um und leider war dort immer noch dicker Nebel.

Trotzdem beschloss ich nun zu warten, von Norden trug der Wind allmählich die Wolken und den Nebel Richtung Süden heraus. Auf einmal konnte ich ganz hinten im Süden über das eben noch im Grau erstickte Tal leichte weisse Schneeflecken sehen, die Bergspitzen kamen zum Vorschein.

Es war bei weitem nicht perfekt, aber ich freute mich riesig, denn das was ich jetzt zu sehen bekam war eindeutig besser, als ein graues Blatt Papier (Nebel). Die Zeit drängte, denn um 17.30 Uhr fuhr die letzte Gondel ins Tal und wir hatten bereits 16.30 Uhr und ich musste ja auch noch 2 km bergauf zur Bergstation laufen. Doch ich wartete noch, der Blick Richtung Norden wurde immer klarer und es gab sogar ein bisschen Sonnenlicht in den Wolken. Nun hoffte ich auf ein wenig Sonne oder einen kleinen blauen Fleck am Himmel über dem Gasthaus Richtung Süden.

Und auf einmal...bäähhm:

Gasthaus Äscher-Wildkirchli

Ich konnte es kaum fassen, Sonnenstrahlen und ein kleiner Fleck Blau am Himmel!!!!

Was für eine Freude in mich fuhr - nicht zu beschreiben!!

Doch die Freude wärte nur kurz, ich musste zurück - es war bereits fast 17.00 Uhr.

Also nun aber hurtig zurück zur Bergstation. Auf dem Rückweg Richtung Norden Blickend gab es dann noch ein weiteres spektakuläres Foto vom Einsiedlerhaus in der Felswand:

Einsiedlerhaus im Alpsteinmassiv

Total aus der Puste und in fast letzter Minute erreichte ich die Bergstation und die Gondel war noch nicht abgefahren!

Ich hatte sogar noch ein wenig Zeit und auf einmal hörte ich sie: Auerhühner!!

Ich schloss sofort mein Teleobjektiv an meine Kamera und machte ein paar Aufnahmen:

Jetzt nahm der Tag doch noch ein versöhnliches Ende, aber es kam noch mehr. Nach der Talfahrt ging es ab ins Auto und als ich Richtung Norden aus dem kleinen Tal rausfuhr war der Himmel im Abendlicht wunderschön:

Wasserauen im Appenzell

ein Blick zurück auf die Ebenalp, wo ich eben noch war

Appenzell Stadt im Abendlicht

Der Tag war rein fototechnisch gesehen zuerst eine reine Enttäuschung, doch zum Schluss zeigte er sich von seiner schönen Seite, so, als ob er mich für mein beharrliches Warten belohnen wollte.

Dies zeigt mir wieder, bei der Landschaftsfotografie ist eines am Wichtigsten: GEDULD!

Ausserdem habe ich nette Leute kennen gelernt und auch hervorragend gegessen bei Familie Knechtle.

Ich werde auf jeden Fall einmal wieder kommen, dann aber an einem Tag ohne Nebel und Regen!

In diesem Sinne...

Euer Manuel

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